Testmethoden zur Prüfung von Fernrohren und Okularen

von Dr. Wolfgang Strickling


Vielfach besteht der Wunsch, vor dem Kauf bzw. am Tage Fernrohroptiken testen zu können. Am aussagekräftigsten ist zwar immer noch der Test am Stern bei guter Luft, aber wann hat man schon?

Es gibt aber trotzdem Methoden, Fernrohre auch ohne den gestirnten Himmel auf wichtige Parameter und mit einfachen Methoden zu prüfen.

1) Okulartest:

Um Okulare zu testen, nimmt man einfach ein Fotoobjektiv und befestigt einen Okularadapter am Gewinde bzw. Bajonett. Um möglichst ähnliche Verhältnisse im Strahlengang wie in einem astronomischen Fernrohr zu haben, sollte man ein Teleobjektiv wählen (z. b. ein billiges M42-Objektiv). Die genaue Brennweite ist zwar zweitrangig, 135 mm sind jedoch recht handlich. Als Einstellung der Blende sollte man die gleiche Blende wählen, wie sie das Teleskop hat, an dem das Okular benutzt werden soll. Evtl. kann man auch eine Stufe öffnen. (Bei zu starker Öffnung zeigen eine sonst recht gute Okulare wie z. B. Plössls starke Bildfehler!)

Testokul.gif 3 KB
Beurteilen sollte man das Okular auf

Für die Beurteilung der Bildfehler eignet sich sehr gut das Anvisieren kontrastreicher Motive wie Fensterkreuze o. ä. (vom Innenraum aus!)

2) Teleskoptest:

Zum Test eines Fernrohres am Tage eignet sich am besten ein Laserpointer, der in einigen Metern Entfernung (möglichst mehr als 10 m) vor dem Teleskop aufgestellt wird. Mindestens muss die minimale Einstellentfernung des Teleskops erreicht werden.

Wichtig: Den Laserstrahl mit einer starken Linse (Okular) defokussieren oder auf einen Kugelspiegel richten! Nie direkt mit dem Fernrohr oder dem Auge in den gebündelten Strahl sehen, um Netzhautverbrennungen zu vermeiden!

An Stelle des Lasers kann man evtl auch eine starke, möglichst puntförmige Lampe (z. B. Halogen) und eine hochglanzpolierte Stahlkugel statt der Linse nehmen.

Auf diese Weise erhält man einen künstlichen Stern, der im Fokus und intra- wie extrafokal betrachtet werden kann.

testtele.gif, 4KB

Man sollte das Bild  bei hoher Vergrößerung beurteilen, ob es symmetrisch ist und die Beugungsringe kreisrund und konzentrisch sind. Bei unscharfer Fokussierung des Bildes sollte es kreisrund erscheinen und bei Spiegelteleskopen (außer Schiefspieglern) einen runden und mittig liegenden dunklen Fleck von der Fangspiegelabschattung zeigen. Elliptische oder exzentrische Bilder deuten mindestens auf Justierfehler oder gar verspannte oder unbrauchbare Optiken hin. Ausgefranste Bilder und starke Unterschiede im intra- und extrafokalen Bild können auch auf eine sehr schlechte Optik hinweisen, obwohl letzteres jedoch auch bei guten Optiken und einer zu geringen Entfernung des "Prüfsternes" passieren kann.

Justierfehler bei Schmidt-Cassegrains

Fehler am Beispiel von Schmidt-Cassegrain-Teleskopen:

Linke und rechte Spalte: Stern im intra- und extrafokalen Bild
mittlere Spalte: Sternbild im Fokus

Obere Zeile: Perfekte Optik. Das fokale Sternbild ist scharf und von wenigen runden Beugungsringen konzentrisch umgeben.
Mittlere Zeile: Zentrierfehler, durch Justierung zu beseitigen.
Die extrafokalen Bilder zeigen eine exzentrische Fangspiegelabschattung und das fokale Bild ist unsymmetrisch mit "Schwänzchen".
Untere Zeile: Sphärische Aberration (Öffnungsfehler)
intra- und extrafokales Bild sind deutlich unterschiedlich. Das fokale Bild ist nicht punktförmig und bleibt unscharf oder ist von einer sehr großen Zahl von Beugungsringen umgeben. Dieser Fehler tritt jedoch auch bei kurzen Einstellentfernungen ("Künstliche Sterne") auf und sollte deshalb nachts am Stern überprüft werden!

Übrigens habe die Ringe oder Scheibchen, die man bei unscharfer (extrafokaler) Einstellung im Spiegelfernrohr sieht, entgegen der gelegentlich verbreiteten Meinung nichts mit den Beugungsringen zu tun! Beugungsringe erkennt man nur bei optimaler Optik, ruhiger Luft, höchster Vergrößerung und absolut scharfer Fokussierung an Punktquellen (natürliche oder künstliche Sterne). Der Ring, den man in Spiegeltesleskopen sieht, ist nur die Abschattung des Fangspiegels, die mit Beugung nichts zu tun hat. Bei höchster Vergrößerung kann man u. U. ein diesem Ring überlagertes Beugungsmuster vielleicht erkennen.

Das ultimative Buch zum Fernrohr-Test ist übrigens: H. R. Suiter: Star testing astronomical telescopes. Erschienen bei Willman-Bell und ist neben den bekannten online-Buchläden auch bei vielen Astrohändlern oder dem Astro-Shop erhältlich (ca. 30 Euro). Für Interessierte unbedingt empfehlenswert!

Gut zum Test des Auflösungsvermögens von Fernrohren eignen sich die Doppelsterne.
Wie man sich Doppelsterne ins Wohnzimmer holt, das steht auf einer anderen Seite!


© Dr. Wolfgang Strickling, Drususstr. 15, 45721 Haltern am See. Tel: (0 23 64) 16 76 91

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Das letzte Update dieser Seite war am 14.12.2002
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