Mein Artikel in SONNE Nr. 100 (2001), S. 107-109 (vom Sonneserver gespiegelt, nach Korrektur der Satz- und Druckfehler :-(
Dr. Wolfgang Strickling
Abstract: This article presents meteorological observations of the total solar eclipse 2001 june 21 in Zimbabwe. We got registrations of temperature at ground level and 5 meters height, wind speed and sky brightness. With several video cameras, the approach and vanishing of the lunar shadow as well as videos of the shadow bands were made and analyzed. |
Am 21.06 2001 hatte ich in Simbabwe erstmals die Möglichkeit, eine totale Sonnenfinsternis zu beobachten und in Fotos, Videos und meteorologischen Messungen festzuhalten. Die Reise unternahm ich mit einer größeren Reisegruppe von ca. 100 Personen, die sich auf Doris Unbehauns Initiative über "Astronomie.de" zusammengefunden hat. Wir hatten nicht nur hervorragende Beobachtungsbedingungen für die Finsternis, sondern haben auch ein sehr attraktives Rundreiseprogramm durch Simbabwe erlebt. Die Finsternis beobachteten wir von einem Camp direkt am Fuße des Zambezi-Escarpments, das ist der Steilabbruch vom Afrikanischen Hochland von über 1000 Höhenmetern auf ca. 400 Höhenmeter im Flusstal des Zambezi. Die Koordinaten waren 31° 01,45' Ost, 16° 24,90' Süd, 487 m NN. Aus Gründen der Horizontsicht befand sich das Camp nicht exakt auf der Zentrallinie, sondern auf einer Anhöhe etwas südlich davon. Trotzdem hatten wir noch etwa 3 Minuten und 6 Sekunden Totalität und konnten eine hervorragende Rundumsicht über das Zambezi-Tiefland genießen.
Um die Finsternis nicht nur hinter dem Kamerasucher oder Displays von Messinstrumenten zu erleben, habe ich für einen taschenrechnerähnlichen Organiser (Psion® Organiser II) eine Hardwareerweiterung und eine Steuersoftware für zwei Fotokameras und zur Aufzeichnung meteorologischer Messungen erstellt. Damit konnte ich automatisch die Messwerte der Temperatur in Bodennähe und in 4-5 Metern Höhe, der Himmelshelligkeit und der Windgeschwindigkeit rund um die Uhr registrieren und im Gerätespeicher ablegen [6].
Die Wettermessungen wurden außerhalb der Finsternis alle 10 Minuten, in der partiellen Phase alle 5 Minuten, um die Totalität alle 2,5 Minuten und in den zentralen fünf Minuten etwa alle 20 Sekunden gemacht. Kurze Videos, Standbilder und die Messwerte können von meiner Internetseite abgerufen werden [7].
Abb. 1: Die Wettersensoren.
Der Thermosensor befindet sich unter einer abgeschatteten Platte, der Helligkeitssensor darüber. Links das Anemometer. Dieses Equipment war bereits auf der SoFi 1999 am Parallelport eines Notebooks im Einsatz.
Als Sensor dient der Chip "TSL230", der die Lichtintensität in eine Frequenz umsetzt. Er ist unter einer Lichtstreukuppel montiert und kann durch einfache Umstellung in seiner Empfindlichkeit um den Faktor 2 - 10000 verändert werden. So ergibt sich ein extrem hoher Dynamikbereich und es können Beleuchtungsstärken von der Tageshelligkeit bis hin zum Nachthimmel gemessen werden. Die Genauigkeit beträgt ca. +- 20%.
Die Temperaturregistrierung in Bodennähe hat der Chip "LM 75" mit einer Auflösung von 0,5 K vorgenommen. An der Mastspitze in 4 - 5 m Höhe war der genauere DS 1621 mit höherer Auflösung (besser als 0,1 K) untergebracht.
Das Ausgangssignal kann über einen I2C-Bus direkt und praktisch im Klartext digital über die parallele Schnittstelle in den Computer eingelesen werden
Als Anemometer kam ein dreiflügeliges Windrad mit horizontalen Schaufeln zum Einsatz. Die Drehgeschwindigkeit wurde über eine Lichtschranke mit dem Organiser gemessen. Genauigkeit etwa 20%, Ansprechen ab etwa 2 m/s Windgeschwindigkeit.
Am Exkursionsort waren alle Sensoren bis auf dem Bodensensor auf einem Mast ca. 4-5 m über dem Boden montiert.
Um den an- und abziehenden Mondschatten zu filmen, haben wir zwei Videokameras nach Osten bzw. Westen sowie eine Kamera mit einem Fisheyevorsatz in den Zenit gerichtet.
Eine vierte Videokamera hat in den zentralen 10 Minuten zur Aufnahme der fliegenden Schatten ein ca. 1,4 x 2,4 m großes Tischtuch gefilmt. Da die Falten des Tischtuches kontrastreicher als die fliegenden Schatten selbst waren, wurde zum Ausmessen der Aufnahmen der unruhige Untergrund digital durch Subtraktion eines Summenbildes aus den 25 Einzelbildern einer Sekunde entfernt (Überlagerung des invertierten Summenbildes mit 50% Transparenz in der Videosoftware Ulead Media Studio).
Auffallend ist das recht starke Absinken der Temperatur, vor allem in Bodennähe (s. Abb. 2 und 3). In höheren Luftschichten ist der Abfall mit 7 Grad auch noch stark, aber deutlich geringer als der Abfall von 15 Grad am Boden.
Abb. 2: Grafik der kompletten Messung am Tag der Finsternis bis zum folgenden
Morgen.
Abb. 3: Messungen im Finsterniszeitraum
Die Abbildung 3 zeigt etwas detaillierter den Verlauf der Messwerte im Finsterniszeitraum. Auffallend ist, dass die Temperatur in Bodennähe ca. 40 Minuten nach dem ersten Kontakt unter die Temperatur der oberen Luftschichten sinkt, und auch noch bis nach dem vierten Kontakt darunter bleibt. Offenbar ist die Temperatur der tiefen Luftschichten wesentlich von der Erwärmung des Bodens durch die Sonne bestimmt, während die höheren Luftschichten erst durch die Durchmischung mit den Bodenschichten durch Wind und / oder Konvektion ihre Temperatur ändern bzw. aufgeheizt werden. Das würde den stark gedämpften Temperaturverlauf in 5 m Höhe gut erklären. Auch das subjektive Temperaturempfinden der Beobachter wird offenbar wesentlich durch die Infrarotstrahlung von Sonne und Boden bestimmt, denn man meint bereits einen recht deutlichen Temperaturabfall zu bemerken, wenn die gemessene Lufttemperatur noch fast unverändert ist. Diese Beobachtung konnte auch bei der letzten Sonnenfinsternis in Frankreich trotz der starken Bewölkung gemacht werden.
Die Helligkeit des Himmels sank zur Mitte der Finsternis auf etwa 2,8 Lux. Das ist ein Wert, der größenordnungsmäßig etwa das 10fache einer Vollmondnacht erreicht und der Helligkeit in der Dämmerung bei einem Sonnenstand von etwa 6 Grad unter dem Horizont entspricht. Erstaunlich war, dass die Totalität etwa so dunkel war, wie in Metz 1999, trotz der dortigen Bewölkung [1]. Jetzt in Simbabwe war es dagegen komplett wolkenlos. Einige kleine Wölkchen, die sich am Morgen über den Bergen gebildet hatten, lösten sich gegen Mittag rechtzeitig auf.
Der Wind zeigte in Bodennähe keinen Einfluss seitens der Finsternis. Er war von wenigen schwachen Böen abgesehen den ganzen Tag fast unmerklich, und um die Totalität hat kein Gruppenteilnehmer ein Auffrischen bemerkt. Auch die Messungen zeigen nichts dergleichen (Abb. 2).
Abb. 4:
Ein Detailausschnitt zeigt den genauen Verlauf der Helligkeit um die
Totalität herum. Der zweite und dritte Kontakt sowie die Finsternismitte
sind durch senkrechte Striche markiert. Die leichte Asymmetrie zur
Finsternismitte dürfte auf einer ungenauen Zeitkalibrierung beruhen.
Auf dem Video sind die fliegenden Schatten hervorragend zu erkennen. Die Bilder zeigen, dass die englische Bezeichnung "shadow bands" = Schattenbänder eigentlich viel treffender als die deutsche Bezeichnung ist. Videos und Standbilder können von meiner Homepage abgerufen werden [7].
Abb. 5:
Die fliegenden Schatten 18 Sekunden vor dem zweiten Kontakt
Vor dem zweiten Kontakt waren die fliegenden Schatten von 15:13:03 bis 15:13.33 sehr gut sichtbar (der 2. Kontakt war um 15:13:34 nach Berücksichtigung einer Mondrandkorrektur von 3 Sekunden). Sie bewegten sich mit leichter Abweichung nach Südwesten fast genau auf die Sonne zu und verliefen rechtwinklig zu ihrer Bewegungsrichtung. Die Wellenlänge verkürzte sich von anfangs 0,2 m .. 0,3 m etwa 18 Sekunden vor dem zweiten Kontakt auf 0.10 m .. 0.15 m etwa 10 Sekunden vor dem zweiten Kontakt. Der Kontrast stieg von 1,2% .. 1,8 % (bei -18 sec) auf 2 % .. 3,5 % (bei -10 sec). Die Bewegungsgeschwindigkeit war 1 .. 1,4 m/s in Richtung Sonne (also 309° Azimut).
Nach dem dritten Kontakt sahen die fliegenden Schatten wesentlich anders aus. Niemandem aus unserer Gruppe sind sie aufgefallen, aber auf dem Video sind sie für etwa 18 Sekunden von 15:16:45 bis 15:17:03 zu sehen (der 3. Kontakt um 15:16:40). Möglicherweise waren die Beobachter von den anderen Phänomenen der Totalität so sehr beansprucht, dass sie nicht mehr auf die fliegenden Schatten geachtet hatten.
Die Schatten hatten einen wesentlich geringeren Kontrast, erschienen turbulenter und es kam nicht zur Ausbildung eines regelmäßigen Bandmusters. Die Strukturen hatten einen Abstand von etwa 10 bis 15 cm. Im allgemeinen verlief ihre Ausdehnung etwa in Nord-Südrichtung. Das ist eine Drehung um etwa 50 Grad gegenüber den fliegenden Schatten vor der Totalität, was aufgrund der geänderten Lage der Sonnensichel zum Horizont auch zu erwarten war [3, 4]. Die Bewegung ist schwierig zu schätzen, sie ging größenordnungsmäßig mit 1 bis 2 m/s in westliche Richtung.
In beiden Fällen lag die "Überlebenszeit" der Bänder bei typisch 0,5 Sekunden bis maximal 1 Sekunde. Danach hatte sich das Schattenmuster komplett geändert.
Die Aufnahmen der Kameras, die den Mondschatten filmten, zeigen zwar den Schatten, aber bei weitem nicht so deutlich wie in Frankreich 1999, wo eine durchgängige Wolkenschicht eine ideale "Mattscheibe" für den Schatten bietete.
Zur Realisierung des umfangreichen Projektes hat sich die vorherige Koordination der Reiseteilnehmer über eine Mailingliste und das Zusammenlegen des Videoequipments sehr bewährt. Mein Dank gilt vor allem Herrn Dr. Andreas Dahm für die Bereitstellung einer Kamera zur Aufnahme der fliegenden Schatten sowie Doris Unbehaun und Günther Bendt für die Mitnahme von Kameras zum Filmen des Mondschattens.
Dr. Wolfgang Strickling; Drususstr. 15; 45721 Haltern am See;
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Die Tabellen mit den Messwerten dieser Finsternis
2001
Mein Reisebericht der Finsternis 21.06.2001
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SoFi-Organiser-Seite: Meine Kamerasteuerung und
Messwertspeicherung auf Basis des batteriebetriebenen Organisers II von
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Meine PC-gestützten Beobachtungen von der SoFi
1999
Meine Sonnenfinsternis-Projekte (in
Englisch)
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