Die Sonnenfinsternis am 20.03.2015

SoFi
          2015

von

Dr. Wolfgang Strickling

English translation by Google ;-)


Bericht des Sonnenfinsternisfluges AB 1020 vom 20.03.2015 ab Zürich


Karte des Totality RunsA320Am 20.03.2015 fand über dem Nordatlantik eine totale Sonnenfinsternis statt, die als vielbeachtete tiefe partielle Finsternis auch in Mitteleuropa - soweit die Wetterbedingungen es zuließen - große Resonanz fand. Landberührung hatte der Kernschatten jedoch nur auf den Färöer-Inseln und Svalbard (Spitzbergen). Wegen der sehr unsicheren Wetteraussichten auf den Färöer-Inseln und der schwierigen Reise- und Beobachtungsbedingungen auf Svalbard wurden für die Finsternis mehrere Sonderflüge angesetzt, die Beobachtungsmöglichkeiten für die Finsternis aus großer Höhe und dem damit verbundenen vernachlässigbaren Wolkenverhältnissen anboten. Soweit die Flüge durchgeführt planmäßig werden konnten, waren sie für die Beobachter erfolgreich.


KoronaMit einer Gruppe von 62 Finsternisenthusiasten befand ich mich auf dem von Eclipse-Reisen angebotenen Sonderflug ab Zürich AB 1020 (Flug "ER2"). Der Flug hat reibungslos geklappt und die zugewiesenen Anflugpunkte für eine Totalitätsdauer von 3' 47" wurden präzise erreicht. Durch die zuvor erfolgte Reinigung der Fensterscheiben hatten wir einen hervorragend klaren Blick auf die Korona. Die Fensterscheiben waren auf frei von Mikrorissen oder tiefen Kratzern.

Es war eine schöne Maximumskorona mit wunderbar ausgeprägten Streamern zu sehen. Besonders beeindruckend war der atemberaubende Blick auf den an- und abziehenden Mondschatten auf der tiefliegenden Wolkenschicht unter uns. Bereits einige Minuten vor dem zweiten Kontakt zeichnete sich der Schatten als überraschend scharf begrenzte Linie gegen die noch beleuchteten Wolken ab. Noch viele Minuten nach der Totalität war im Osten der abziehende  Schatten sichtbar. Auch die Lichtstimmung der Umgebung hat sich eindrucksvoll in die Kabine übertragen. Der zuvor geäußerte Befürchtung, dass die Beobachtung einer totalen Sonnenfinsternis aus dem Flugzeug einer Betrachtung auf einem Monitor entspräche, konnte keiner der Mitreisenden bestätigen.

Der Flugverlauf

Spiegel-LochkameraSpiegel-LochkameraStart war in Zürich. Die anvisierte Startzeit von 06:30 Uhr MEZ mit einer großzügig bemessenen Reserve konnte aufgrund der günstigen Windvorhersage etwas nach hinten korrigiert werden, so dass der Take-Off um 07:30 MEZ erfolgte. Nach dem frühen  Erreichen der Zentralzone musste die Maschine gemäß den Vorgaben der Flugsicherung noch eine Warteschleif drehen, bevor in den finalen Totality Run eingeschwenkt werden konnte.
Bereits auf dem Weg in die Zentralzone trat gegen 09:40 MEZ Uhr der erste Kontakt auf, der wegen der Ausrichtung der Sonne fast genau in Längsachse der Maschine jedoch schwer zu beobachten war.

Zeitweise konnten wir mit einer improvisierten Spiegel-"Lochkamera" ein kleines Sonnenbild an die Kabinenwand projizieren, was sich angesichts der versammelten High-Tech-Geräte in der Kabine allgemeiner Erheiterung erfreute ;-)


Diamantring K2Diamantring C3Der zweite Kontakt kündigte sich bereits einige Zeit vorher durch den extrem deutlich auf den tiefen Wolkenschichten sichtbaren Mondschatten an.
Am östlichen Sonnenrand traten sehr lang sichtbare schöne Protuberanzen hervor.
Durch die Bewegung des Flugzeugs mit ca. 800 km/h fast genau parallel zur Bewegungsrichtung des  Mondschattens konnte die Totalitätsdauer um ca. eine Minute auf 3' 47" verlängert werden. Die meisten Reisenden haben jedoch nur einen Sitzplatz gebucht, so dass sie zur Finsternismitte mit ihrem Sitznachbarn wechseln mussten. Der Wechselprozess wurde vor der Finsternis mehrfach geübt, so dass er innerhalb von 10 Sekunden zügig vonstatten ging.

Nach der Totalität wurde der Kurs noch für ca. 10 Minuten beibehalten, bevor mit einer Rechtskurve der Rückflug nach Zürich eingeleitet wurde. Die dann folgende partielle Phase konnte nicht mehr beobachtet werden, da sich die Sonne genau im Rücken der Maschine befand.


Protuberanzen zweiter und dritter KontaktEclipseDroid
          steuert zwei KamerasZur fotografischen Aufzeichnung wurden zwei Spiegelreflexkameras eingesetzt, eine Canon 450D mit 14mm Walimex-Weitwinkelobjektiv und eine Canon 650D mit einem 200 mm Festbrennweite EF 200mm 1:2.8 L II. Gesteuert wurden die Kameras von einem Android-Smartphone (Galaxy S II), auf dem unter EclipseDroid ein Skript ablief (Bild rechts). Die 650D wurde über USB mit verschiedenen Empfindlichkeiten, Belichtungszeiten und Blendeneinstellungen voll gesteuert, die 450D nahm im Bracketing-Modus kontinuierlich eine Belichtungsserie im 10-Sekundentakt auf. Ausgelöst wurde sie von einem optischen Interfacekabel über das Blitzlicht des Smartphones. Eine Beschreibung des optische Interfacekabels finden Sie aus meiner Seite mit dem Android App CameraTimer.

Im linken Bild die Protuberanzen zum zweiten (links)  und zum dritten Kontakt (rechts). Vor allem zum zweiten Kontakt waren die Protuberanzen sehr schön und intensiv. Rechts eine kurzbelichtete Aufnahme der Korona. Diese und die folgenden Bilder können durch Anklicken größer gezeigt werden.




Die Korona


Wegen der unvermeidlichen Bewegungen des Flugzeugs und wegen möglicher Turbulenzen wurden die Belichtungen auf maximal 1/60 Sekunde limitiert. Um auch tiefbelichtete Aufnahmen der Korona zu erzielen, wurde die Empfindlichkeit bis hinauf zu ISO 3200 erhöht und auch die Blende weitestmöglich bis f:2,8 geöffnet. Die damit entstanden Bildserien wurden anschließend zur Rauschreduktion manuell gestackt.

Korona  Korona Korona  Korona  Korona  Korona  Korona    Korona Korona 

Korona
          KompositAus den einzelnen Aufnahmen ist es möglich, mit Hilfe von Überlagerungstechniken HDR-Bilder zu erzeugen, die den visuellen Eindruck deutlich besser wiedergeben, als Einzelbelichtungen oder gestackte gleichbelichtete Bilder.

Verwendet wurdn hier Aufnahmen mit der Canon 650D und dem Canon EF 200 mm f/2.8 L II., Belichtungen von 1/60s  f/2.8 ISO 1600 bis 1/2000s  f/8.0 ISO 200.

Eine gute Anleitung zur Erstellung derartiger HDR-Kompsitbilder hat Jerry Lodriguss verfasst (englische Sprache).

Kompositbild er inneren KoronaLinks ein Ausschnitt aus dem Kompositbild.



Der Mondschatten


Sehr eindrucksvoll zeichnete sich der Mondschatten auf den Wolken über dem Ozean ab. Noch fast zehn Minuten nach der Totalität konnte man im Osten den dunklen Schatten verfolgen. Aufnahmen mit einem 14 mm Walimex-Objektiv auf einer Canon 450D
Mondschatten Mondschatten SoFi 2015 Mondschatten Mondschatten 
Hier könne Sie eine Videoanimation des Schattens herunterladen (auch auf Youtube verfügbar).

Vereisung der
          ScheibenFotografien wurden leider durch die unvermeindliche Eiskristallbildung an den Scheiben mitunter ein wenig beeinträchtigt. Vor allem an den etwas geräumigeren Sitzplätzen an den Tragfächen-Notausgängen kam es zu einer erheblich stärkeren Eisbildung. Auch bei der von Düsseldorf aus gestarteten Airbus-Maschine trat genau an diesen Fenstern das gleiche Problem auf.
Eine Bildergalerie, wie gravierend die Vereisung werden kann, zeigt J. Schoppmeyer in seinem Webalbum.

Die Ansteuerung auch der Mondschattenkamera hat übrigens die Software EclipseDroid auf einem Android-Smartphone über ein optisches Kabel für mich erledigt. So konnte ich ganz entspannt die Sofi beobachten, während meine Kameras für mich arbeiteten.

Messung der Himmelshelligkeit



SQM-MesserwerteSQM
          bei der TSE 2015Neben den Kameras kam ein Himmelsphotometer (Nachbau des SQM) zum Einsatz, das alle 10 Sekunden die Himmelshelligkeit des sonnenabgewandten Seite des Flugzeugs in 25 Grad Höhe über dem mathematischen Horizont aufzeichnete, entsprechend einem Azimutwinkel von ca. 310 Grad während des Totality Runs. Der zweite und dritte Kontakt sind auf der 13 mag-Linie durch senkrechte Marken angezeigt, der gesamte Totality Run durch Marken auf der 7-mag-Linie.

Es wurde eine minimale Himmelshelligkeit von 13.4 mag/arcsec2  um 09:42:55 UTC gemessen. Im Vergleich habe ich bei der Finsternis am 13.11.2012 in Wangetti Beach, Australien, zum Minimum 12.8 mag/arcsec2 in Gegensonnenrichtung bei ca. 50% Bewölkung gemessen. Am 22.07.2009 in Wuhan, China, wurden unter geschlossener, aber sehr dünner Bewölkung etwa 14 mag/arcsec2 in Gegensonnenrichtung ermittelt.

Zu beachten ist jeweils die unterschiedlichen Verhältnisse der Schattengeometrie und -Bewegung. Während 2015 der Schatten sich fast rechtwinklig zur Sonnenrichtung bewegt hat, kam er 2009 in China und 2012 in Australien praktisch aus der Gegensonnenrichtung.

Interessant ist bei den jetzigen Messungen, dass die Helligkeit nach dem 90°-Turn vom Totality Run in den Rückweg nach Zürich um 09:56 deutlich um ca. 0.7 mag gesunken ist.


© 2015 Dr. Wolfgang Strickling

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letztes Update: 2015-08-16
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